Juste à temps

„Die Vögel, Schmetterlinge und Ratten waren fort. Das Gras und das Laub vertrocknet. Die Blumen nur noch Erinnerung. Straßen und Häuser verlassen. Alle waren zum Mond geflogen.“ Das ist das Bild der Apokalypse, das Tomi Ungerer in seinem allerletzten Bilderbuch Juste à temps (2019) zeichnet. Die Zerstörung der Umwelt schreitet zusehends voran, doch der Mensch beharrt darauf, die Natur beherrschen zu wollen. Ungerer beschäftigte sich schon sehr früh intensiv mit dieser traurigen Tatsache und zeigte oft völlig verfallene Landschaften mit eingestürzten Häusern, verlassenen Traktoren und Werkzeugen und einem rauen Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Und dennoch war Ungerer auch von einer anderen Natur fasziniert, die er ausgesprochen feinfühlig zeichnete. In Ungerers gesamtem Werk findet sich diese Spannung zwischen einer entschieden politischen Sicht der ökologischen Katastrophe und einer zärtlichen Annäherung an die Natur, zwischen Umweltbewusstsein und naturalistischer Zeichnung. Das zeigt diese neue Accrochage, die sowohl die Reisetagebücher des jungen Ungerer in Lappland als auch die späten Collagen umfasst. Dank einer Leihgabe können auch die Originalzeichnungen des Buchs Juste à temps bestaunt werden.